Community Nursing

Expert:innen in und um die in Österreich umgesetzen Community Nursing Projekte erarbeiteten folgende Hintergrundinformation für die nachhaltige Implementierung der sozialen Innovation (für Österreich) Community Nurses im kommunalen Setting. Entscheidungsträger:innen erhalten leitende Argumente für Weiterführung, Ausbau und bedarfsgerechte Bereitstellung sowie nachhaltige Finanzierung von Community Nursing.

Vorbemerkung

Die Menschen in Österreich verbringen im Schnitt rund 18 Jahre ihres Lebens in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit, beginnend rund um das Pensionsantrittsalter. Das hat neben knappen personellen Ressourcen und hohen Kosten für das Gesundheits- und Pflegesystem insbesondere auch Auswirkungen auf die Lebensqualität jedes und jeder einzelnen. Schließlich möchte doch jede:r gesund und selbstbestimmt alt werden. Community Nursing ist ein zentraler Puzzlestein einer Antwort!

Community Nursing ist ein innovativer Ansatz im Gesundheits- und Pflegewesen, der darauf abzielt, die Gesundheit und Gesundheitsversorgung in der Gemeinde/Region zu verbessern. Dieser Ansatz bietet zahlreiche Vorteile, da er sowohl die Pflegebedürftigkeit verzögert als auch mittel- bis langfristig zur Entlastung bestehender Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen beiträgt. Dabei sind Community Nurses auf drei Ebenen aktiv:

  • Ebene des Individuums/der Familie („Fallebene“)
  • Ebene der Community (Gruppen- und Netzwerkebene)
  • Ebene des Systems (Kooperationen, strategische Planung, Beratung von Entscheidungsträger*innen)
Hintergrund

Seit 2022 wird in ganz Österreich die Initiative „Community Nursing“ als Maßnahme zur Steigerung der Gesundheitskompetenz und zur Förderung der Gesundheit und Selbständigkeit im häuslichen und kommunalen Umfeld umgesetzt. Die Community Nurses sind diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, die eng mit anderen Gesundheitsberufen und sozialen Diensten zusammenarbeiten. CN sind Ansprechpersonen für Menschen in gesundheitlich bzw. pflegerisch belastenden Lebenssituationen. Sie begleiten und unterstützen Menschen mit dem Ziel, innere und äußere Anforderungen, welche die gesundheitliche Situation beeinträchtigen, zu überwinden. Sie unterstützen Personen mit gesundheitlichen und pflegerischen Anliegen, wobei insbesondere ältere Personen sowie deren Angehörige in ihrem Zuhause adressiert werden, um Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern, Selbstständigkeit zu erhalten und Gesundheitskompetenz zu stärken.

Im zweiten Halbjahr 2024 gibt es 117 Community Nursing Projekte, die österreichweit verschiedene Gemeinden und Regionen abdecken. Diese Projekte bieten bedarfsgerechte und niedrigschwellige Unterstützung an.

Inanspruchnahme

Die bisherigen Rückmeldungen zeigen eine hohe Inanspruchnahme des Angebots, in Summe wurden durch Community Nursing mehr als 100.000 Kontakte mit Klientinnen und Klienten pro Jahr erzielt. Weitere rund 100.000 Kontakte pro Jahr fanden zur Netzwerkpflege statt.

Derzeit sind Community Nurses im Schnitt für 3.000 bis 5.000 Einwohner:innen zuständig, wobei über eine Ausweitung des Einzugsgebiets nachgedacht werden kann, insofern Team- und Unterstützungsstrukturen aufgebaut werden.

Bedarf und Nutzen:

Die Erfahrung der Pilotierung zeigt eine sehr hohe Zufriedenheit der betreuten Personen sowie der beteiligten Gemeinden und Bürgermeister:innen mit dem Angebot und einen positiven Einfluss auf deren Wohlbefinden und Gesundheitskompetenz. Community Nursing erweist sich als Maßnahme gegen Pflegepersonalmangel und Kapazitätsengpässe von Gesundheitsdienstleistungen und ist ein attraktives Arbeitsfeld für Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, die gesundheitsförderlich und ressourcenorientiert arbeiten wollen.

Wirksamkeit von Community Nursing:

Community Nursing basiert auf dem Konzept, dass präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen im häuslichen Umfeld eine langfristige positive Wirkung auf die Lebensqualität, Gesundheit und Selbstständigkeit der Menschen haben. Internationalen Studien zufolge trägt Community Nursing dazu bei, die Inanspruchnahme von Akutversorgung (z.B. Ambulanzen) zu verringern, Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern und die Einweisungsrate in Langzeitpflegeeinrichtungen zu senken. Durch eine stärkere Einbindung der Community Nurses in die kommunalen Strukturen wird die Versorgungsqualität verbessert und die soziale Teilhabe gefördert.

  • Entlastung von mobiler oder stationärer Langzeitpflege
    Community Nursing entlastet Pflegeheime und Ambulanzen, indem es eine dezentrale Versorgung ermöglicht und bereits ansetzt, bevor ein akuter Pflegebedarf entsteht. Durch die frühzeitige Begleitung von Menschen in ihrem Wohnumfeld kann der Eintritt in mobile oder stationäre Langzeitpflege verzögert oder sogar vermieden werden. Dies reduziert den Druck auf diese Dienste und führt zu einer besseren Ressourcennutzung. Damit können Engpässe und Wartezeiten reduziert werden. Gleichzeitig wird die Kontinuität der Pflege gewährleistet, was zu besseren gesundheitlichen Ergebnissen führt.
  • Steigerung der Zufriedenheit und Lebensqualität
    Ein weiterer Vorteil von Community Nursing ist die Steigerung der Zufriedenheit und Lebensqualität der Menschen. Die individuelle und kontinuierliche Begleitung in der vertrauten Umgebung vermittelt Sicherheit, was nicht nur zur Verbesserung der physischen, sondern auch der psychischen Gesundheit beiträgt. Durch den Vertrauensaufbau und die ressourcenorientierte Arbeitsweise der CNs werden Klient*innen gestärkt, mit den Ressourcen hauszuhalten und auf die gesundheitsunterstützenden Aspekte des Lebens zu achten und diese in den Alltag zu integrieren.
  • Präventiv-gesundheitsfördernde Aufgaben durch Community Nursing
    Ein wesentlicher Aspekt von Community Nursing ist die Stärkung von Gesundheitskompetenz, die Unterstützung von Menschen im Aufbau von Gesundheitspotenzialen und damit die Prävention von Krankheiten. Durch präventive Maßnahmen und Aufklärungskampagnen trägt Community Nursing dazu bei, das Bewusstsein für gesunde Lebensweisen zu schärfen und Krankheiten vorzubeugen. Community Nurses arbeiten eng mit bestehenden Angeboten zusammen, um individuelle Gesundheitsziele zu erreichen und langfristig die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Dabei fokussieren sie auf die Zeit des Übergangs – die Zeit des Übergangs von Gesundheit zu Krankheit von Selbständigkeit zu Pflegeabhängigkeiten und setzen mit ihren Maßnahmen genau dort an.
  • Übernahme ärztlicher Aufgaben durch Community Nursing
    Community Nurses sind DGKP und haben Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, Aufgaben im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie (“ärztliche Tätigkeiten/Aufgaben”) zu übernehmen. Dazu gehören, beispielsweise die Überwachung des Gesundheitszustands, die Anleitung, Schulung, Beratung und Betreuung von Menschen mit chronischen Wunden, das Management und die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen wie bspw. Diabetes oder Demenz. Durch die Verschränkung pflegerischer Kernkompetenzen mit kurativen Aufgaben kann eine effizientere Nutzung der Ressourcen im Gesundheitswesen erzielt werden.
  • Community Nurse als unmittelbare Gesundheits-Begleiter:in
    Community Nursing im Sinne von einer unmittelbaren Gesundheits-Begleitung bietet eine weitere Chance, das Gesundheits- und Pflegewesen zu entlasten. Durch die kontinuierliche Begleitung durch eine Ansprechperson zu pflegerischen und gesundheitlichen Fragen wird die Kontinuität der Versorgung und der Zugang zu benötigten Dienstleistungen gewährleistet. Die CN koordiniert die verschiedenen Aspekte der Gesundheitsversorgung und -vorsorge

Zukunft und notwendige Schritte:

Um den positiven Effekt von Community Nursing weiter auszubauen und langfristig zu sichern, ist es notwendig, die folgenden Maßnahmen umzusetzen:

  • Nachhaltige Finanzierung: Die Sicherstellung einer kontinuierlichen und langfristigen Finanzierung ist essenziell, um den Umsetzer:innen Planungs- und Handlungssicherheit zu bieten. Finanzielle Mittel wurden im Zuge des FAG über den Pflegefonds bereitgestellt. Aktuell ist in vielen Bundesländern offen, ob und wie diese die Umsetzung ab 2025 fortführen. Oberstes Ziel muss es sein, schnellstmöglich Klarheit für die Projekte und die Community Nurses zu schaffen.
  • Ausbau in der Fläche: Die Anzahl der Community Nurses soll sukzessive ausgedehnt werden
  • Strukturelle Verankerung auf kommunaler Ebene: Community Nurses sollten als feste Ansprechpersonen für gesundheitliche und pflegerische Fragen etabliert werden, wobei Gesundheitsförderung und Prävention im Vordergrund stehen. Dabei ist eine enge Kooperation mit Gesundheitsdiensten, sozialen Einrichtungen und kommunalen Strukturen sicherzustellen.
  • Qualitätssicherung und Evaluation: Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Angebote anhand wissenschaftlicher Evaluationskriterien ist erforderlich, um die Effektivität und Qualität der Community Nursing Projekte zu gewährleisten. Das Einrichten eines zentralen Monitoring- und Evaluationssystems wäre ein wichtiger Schritt. Der weitere Ausbau von CN sollte sich daran orientierten
  • Förderung der Vernetzung und Fortbildung: Community Nurses sollen Möglichkeiten zur Vernetzung und zu kontinuierlichen Fortbildungsmaßnahmen haben, um den Herausforderungen in der täglichen Praxis kompetent begegnen zu können.
  • Digitalisierung und Einsatz von technologischen Hilfsmitteln: durch einen stärkeren Einsatz von digitalen Hilfsmitteln kann die Zusammenarbeit und Kommunikation verbessert werden.

Fazit

Community Nursing ist ein zukunftsweisender, innovativer Ansatz, der das Potenzial hat, die Gesundheitsvorsorge und kommunale Gesundheitsversorgung in Österreich nachhaltig zu stärken. Der Ausbau und die Verankerung von Community Nursing als intersektorales Regelangebot sind Investitionen in die Gesundheit und Lebensqualität der österreichischen Bevölkerung und leisten einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Sicherung der Gesundheits- und Pflegeversorgung.

Um eine lückenlose Weiterführung und den bedarfsgerechten Ausbau der bereits etablierten und von der Bevölkerung angenommenen Community Nurses zu gewährleisten, ist eine übergeordnete Strategie, die konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung und strukturellen Verankerung beinhaltet, notwendig. Nur so kann sichergestellt werden, dass Community Nurses weiterhin eine zentrale Rolle spielen und die Bevölkerung bestmöglich und frühzeitig unterstützt wird und Pflegebedarf in der Intensität reduziert bzw. hinausgezögert wird.

Die Integration und Verankerung von Community Nursing als Regelangebot stärkt den präventiven, gesundheitsfördernden und pflegerischen Sektor nachhaltig und ist ein wesentlicher Baustein für eine integrierte, personzentrierte Vorsorge und Versorgung.